Alle Filme werden im Filmmuseum München
St. Jakobs-Platz 1,
im Stadtmuseum gezeigt.
Telefon :
(089) 23 39 64 50
alle früheren Filme:
Von Billy Wilder soll die Anekdote stammen, dass er oft im Traum spannende Filmideen gehabt, sie aber am Morgen nicht mehr erinnert habe. Einmal notierte er in der Nacht so
einen Traum – und als er ihn in der Früh las, stand da: „Boy meets girl“.
Liebesfilme haben eine gute Publikumsresonanz, zumal weil die Zuschauer sich leicht mit den Protagonisten identifizieren und entsprechend intensive Gefühle miterleben:
Verliebtheit, Verschmelzung mit dem oder der Geliebten, das Glück, wenn alles gut läuft und die Verzweiflung, wenn es schief geht. Also hat Wilder natürlich recht: Das Thema wird
niemals alt, es kann immer wieder neu verfilmt werden.
‘Boy meets girl’, das impliziert, dass die aktive Rolle beim Mann liegt. Er wählt, und das Girl lässt sich wählen. Die Rollenverteilung ist klar. Um das ein bisschen unklarer zu machen,
kehren wir in dieser Staffel unserer Reihe „Film und Psychoanalyse ” den berühmten Satz um und zeigen Filme, in denen die Liebesbegegnung von der Frau ausgeht. Frauenfiguren, die
selbstbewusst lieben und wählen, die für ihre Liebe kämpfen, gelten aber nicht nur als stark oder emanzipiert, sondern auch als irgendwie unheimlich oder verschroben, stiften
Verwirrung oder leiten bestürzende Abenteuer ein.
Viel Spaß dabei!
Dr. med. Vivian Pramataroff-Hamburger
Sonntag 23. Februar 2014, 17:30 Uhr
Bringing up Baby (Leoparden küsst man nicht) – USA 1938 – R: Howard Hawks – D: Dudley Nichols – K: Russel Metty – M:
Roy Webb, Dorothy Fields - D: Katharine Hepburn, Cary Grant – 102 min, OmU
Einführung und Kommentar: Salek Kutschinski und Mathias Lohmer
Dieser Film als die Screwball-Comedy schlechthin, der Klassiker der „Girl meets boy“-Filme, strotzt nur so vor lauter unkorrekten Anzüglichkeiten. Cary Grant als verschrobener
Wissenschaftler muss für seine frevelhaft-libidinöse Besetzung eines Dinosaurierknochens büßen, indem er vom „rich and crazy girl“ Katharine Hepburn aus seinem seelischen
Gleichgewicht, seiner Verlobung und seiner musealen Ordnung der Dinge gekippt wird. Der widerstrebende Mann trifft hier auf die Frau, die wie selbstverständlich über ihn verfügt, der
Verlust der männlichen Würde entspricht der Kapitulation vor der Willensstärke der Frau. Das enorme Filmtempo, welches laut Peter Bogdanovich zwingend die große Leinwand
erfordert, steht für die voll ausgelebte Botschaft der stets quirliger als der Mann agierenden Frau: „Du, der du dir einbildest, mich nicht zu lieben – lass alle Hoffnung fahren!“
Sonntag 23. März 2014, 17:30 Uhr
Un Amor (Eine Liebe fürs Leben) – Argentinien 2012 – R: Paula Hernández – B: Serio Bizzio
(Kurzgeschichte), Leonel D'Agostino, Paula Hernández - D. Diego Peretti, Elena Roger, Luis Zirmbrowski – 99 min, OmU
Einführung und Kommentar: Irmgard Nagel und Katharina
Leube-Sonnleitner
Argentinien in den 70er-Jahren – Bruno und Lalo sind 16 Jahre alt und dicke Freunde. In ihrem kleinen Dorf nahe Buenos Aires passiert nicht viel, bis Lisa in die Gemeinde zieht und die männliche
Dorfjugend ganz schön durcheinander wirbelt. Lisa, ein kapriziöses, selbstbewusst-freches Mädchen um die 16 verdreht den beiden Freunden total den Kopf. Sie verfallen dieser verspielten jungen Frau,
die klar den Ton angibt, provoziert und kokettiert. Verliebtheit, ein erster Kuss, kleine Eifersüchteleien sorgen für eine luftig-lockere Stimmung, bis zum Tag, an dem Lisa ohne
Vorankündigung mit ihren Eltern verschwindet. Dreißig Jahre später taucht Lisa wieder völlig unerwartet auf und die Jahre sind wie weggeblasen. Regisseurin Hernández schneidet hin und her
zwischen der Jugendzeit und dem Jetzt, in dem die erotische Spannung ungleich höher ist. Die beiden Männer sind daran, noch einmal den Verstand zu verlieren. Doch diesmal als reife,
vom Leben gezeichnete Erwachsene. Aber wenn eine Frau wie Lisa auftaucht, spielen die Gefühle schnell wieder verrückt ...
Der zart und leichthändig komponierte Film porträtiert drei unterschiedliche Lebensentwürfe, die so fragil wie authentisch sind. Die Schönheit des Filmes besteht wohl
darin, dass er mit den beiden Zeitebenen gleichsam das ganze Leben umfasst. Was wäre, wenn …? fragt Paula Hernández auf eine verspielt-weibliche Art.
Sonntag 27. April 2014, 17:30 Uhr
I Girasoli (Sonnenblumen) - Italien 1970 – R: Vittorio De Sica – M: Henri Mancini - D: Marcello Mastroianni, Sophia Loren –
100 min, Om(engl)U
Einführung und Kommentar: Vivian Pramataroff-Hamburger
Giovanna (Loren) verliebt sich stürmisch in Antonio (Mastroianni) und heiratet ihn vom Fleck weg, damit er nicht sofort zum Militär eingezogen wird. Nach zwölf Honeymoon-Tagen muss
Antonio aber doch an die russische Front und kommt nie wieder zurück. Er gilt als verschollen. Giovanna wartet auf ihn, fest überzeugt, dass er am Leben ist. Nach vielen
Jahren des Wartens reist sie in die Sowjetunion, um ihn dort zu suchen. Tatsächlich findet sie ihn – eine andere Frau hat ihm das Leben gerettet und er ist bei ihr geblieben. Giovanna, die
mit ihm nur den wilden Honeymoon, aber kein Leben hatte, will und kann nicht mit der fürsorglichen Frau, die auch Mutter ist, um ihren Mann kämpfen. Sie beschließt mit
gebrochenem Herzen auf ihre große Liebe zu verzichten. Aber nun wird Antonio zum Suchenden. Als er sie zuhause in Italien wiederfindet, ist Giovanna mit einem neuen Mann liiert, mit
dem sie inzwischen ebenfalls ein Kind hat. Als Mutter kann sie wieder stark sein und selbst entscheiden.
Sonntag 25. Mai 2014, 17:30 Uhr
Something Wild (Gefährliche Freundin) – USA 1986 – R: Jonathan Demme – B: E. Max Frye – K: Tak Fujimoto - M: John Cale, Laurie
Anderson – D: Melanie Griffith, Jeff Daniels, Ray Liotta – 108 min, OmU
Einführung und Kommentar: Matthias Baumgart, Eva Friedrich
Nach einem Besuch in einem Diner konfrontiert die faszinierend-irritierende, schwarzgekleidete und schmuckbehängte Lulu den biederen Steuerberater Charlie damit,
dass er die Rechnung nicht bezahlt hat. Wir Zuschauer ahnen sofort, was Charlie bald erfährt: dieser Frau geht es nicht um Gerechtigkeit, im Gegenteil, ihr Verhältnis zu sozialen
Konventionen jeder Art ist mehr als prekär. Sie verwickelt Charlie erst in Sexspiele, als deren Folge er über weite Strecken des Films Handschellen trägt, dann, im Rahmen eines
turbulenten Roadmovies, in ihr Vexierspiel mit der Identität: Sie wechselt bei einem Besuch in ihrer provinziellen Heimatstadt Namen und Erscheinung. Aber auch Charlie ist nicht ganz
der, der er zu sein scheint und entwickelt im Film ungeahnte Eigenschaften und Fähigkeiten, vor allem in der Auseinandersetzung mit dem aus Lulus Vergangenheit auftauchenden
Gangster Ray. Am Schluss des Filmes ist keiner mehr der, der er am Anfang war.
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