Alle Filme werden im  Filmmuseum München
 St. Jakobs-Platz 1,
 im Stadtmuseum  gezeigt.

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aktuelle Hinweise



































































































In der von der Akademie und dem Filmmuseum München veranstalteten Reihe Psychoanalyse und Film werden folgende Filme von einer Psychoanalytikerin und/oder einem Psychoanalytiker kommentiert (einschließlich Diskussion mit dem Publikum)

Aktuelles Filmprogramm

Ausgeliefert

Das Gefühl, ohnmächtig ausgeliefert zu sein, einen Kontrollverlust zu erleiden, ist ein unerträglicher seelischer Zustand innerhalb der menschlichen Existenz und stellt gleichzeitig eine wiederkehrende Konstante in der Conditio Humana dar. Denn es erinnert uns im Unbewussten an die Phase unseres Lebens, in der wir tatsächlich hilflos ausgeliefert waren und durch die wir alle gehen müssen: die ganz frühe Kindheit. Selbst wenn unsere Eltern unsere bisweilen schlimmen Gefühle in dieser Zeit ausreichend gut mit beruhigenden, haltenden Ritualen und fragloser Liebe beantworten und sie überwinden helfen konnten: Hilflosigkeit, Ohnmacht und Ausgeliefertsein machen als Wiederbelebung dieses Urgrundes Angst. In den Filmen, die wir ausgesucht haben, werden entsprechende Affekte dargestellt, vor allem aber empfindet der Zuschauer sie mit. Häufig erzeugen Darstellungen autoritärer, in sich geschlossener, nicht hinterfragbarer Systeme und Strukturen dieses Ausgeliefertsein: Die psychiatrische Anstalt in ONE FLEW OVER THE CUCKOO'S NEST (Milos Forman 1975), ein düsteres altes Haus mit tyrannischer Haushälterin in REBECCA (Alfred Hitchcock, 1940), die Mafia und das ihr strukturell nicht unähnliche Police Department in THE DEPARTED (Martin Scorsese, 2006). In LEVIATHAN (Andrei Swaginzew, 2014) vernichten russischer Staat und Gesellschaft, Justiz und Kirche unentrinnbar einen Einzelnen, während SKYFALL (Sam Mendes 2012)in Gegensatz hierzu als Teil der James-Bond-Reihe ein unrealistisches, aber gleichwohl metaphorisch aufgeladenes Angst-und Ohnmachtsszenario entwirft, dem der Held wundersamerweise entkommt. Im Kino entkommen auch wir Zuschauer und haben eine Reise in eigene Ängste und unbewusste Erinnerungen hinter uns, wenn wir mit Erleichterung und dem Gefühl wieder gewonnener Kontrolle ins Freie treten.
Katharina Leube-Sonnleitner


Sonntag, 06. Oktober 2024, 18.00 Uhr
Rebecca
| USA 1940 | R: Alfred Hitchcock | D: Philip MacDonald, Michael Hogan, Robert E. Sherwood, Joan Harrison | K: George Barnes | M: Franz Waxman | Mit: Joan Fontaine, Laurence Olivier, Judith Anderson | 126 min | OoU
Einführung und Moderation: Vivian Pramataroff-Hamburger

Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Daphne du Maurier, erzählt der Film die Geschichte des frisch verheirateten Maxim de Winter (Laurence Olivier), eines englischen Adligen, und seiner namenlosen jungen Frau (Joan Fontaine), die in seinem Herrenhaus Manderley leben möchten. Dort wird die ahnungslose Ehefrau der sadistischen Haushälterin Mrs. Danvers (Judith Anderson) ausgeliefert. Ausgeliefert sind alle Protagonisten in diesem Drama: Maxim, der fest an den Traditionen seiner Klasse sowie an seiner geheimnisvollen Vergangenheit festhält, seine Frau, die von Mrs. Danvers manipuliert und gequält wird, und Mrs. Danvers selbst, die obsessiv an Maxims verstorbener erster Frau Rebecca hängt. Es scheint, als sei kein guter Ausweg möglich. Das Herrenhaus Manderley hält alle Protagonisten in seinen festungsstarken Wänden gefangen, bis es am Ende durch Brandstiftung zu Asche wird. Ein Happy End?


Sonntag, 03. November 2024, 18.00 Uhr
The Departed
(Departed – Unter Feinden) | USA 2006 | R: Martin Scorsese | B: William Monahan | K: Michael Ballhaus | M: Howard Shore | D: Jack Nicholson, Matt Damon, Leonardo DiCaprio, Vera Farmiga, Mark Wahlberg, Martin Sheen, Alec Baldwin| 150 min | OmU
Einführung und Moderation: Corinna Wernz und Salek Kutschinski

Ein Undercover-Agent (Leonardo DiCaprio) soll die Machenschaften eines Mafia-Bosses (Jack Nicolson) auskundschaften, dessen Vertrauen er zuerst gewinnen kann. Was er nicht weiss: sein Verbindungsmann bei der Polizei ist ein vom Mafioso dort eingeschleuster Ziehsohn (Matt Damon). Die Gefahr einer Entlarvung des Undercover-Agenten wächst zunehmend wie auch dessen Angst in einem System, dem er immer stärker ausgeliefert wird, da sich sein Handlungsspielraum zunehmend verringert, indem sich die Verdachtsmomente gegen ihn verdichten. Wo sich die Strukturen der Polizei und der Mafia ähneln, stellt sich die Frage nach dem eigentlichen Unterschied dieser beiden Organisationen. Dies kommentiert der Mafioso folgendermaßen: “When you´re facing a loaded gun: what´s the difference?”


Sonntag, 15. Dezember 2024, 18.00 Uhr
Leviathan
[Левиафан] | Russland 2014 | R: Andrei Swjaginzew | D: Andrei Swjaginzew, Oleg Negin | K: Michail Kritschman | M: Philip Glass | Mit: Alexej Serebrjakow, Jelena Ljadowa, Sergej Pochodajew, Wladimir Wdowitschenkow, Roman Madjanow | 142 min | OmU
Einführung und Moderation: Katharina Leube-Sonnleitner und Andreas Hamburger

Seit Urzeiten schwimmt Leviathan, das mythische Seeungeheuer, durch die kollektive Phantasie. Es entsetzt den Hiob, begeistert den Hobbes und raubt dem Ahab den Schlaf. Bei Swjaginzew stellt sich der Automechaniker Nikolaj einer unheiligen Allianz von Politik, Kirche und Justiz beharrlich entgegen, und will mit Hilfe eines Moskauer Anwalts sein Häuschen am Ufer der Barentssee gegen die Gier des lokalen Bürgermeisters verteidigen. Der Film beschreibt das Ausgeliefertsein an die Übermacht auch durch die wuchtigen Naturbilder und einen eindringlichen Soundtrack von Philipp Glass. Als Parabel macht er uns neben der schieren Größe des Verhängnisses auch die Kleinlichkeit seines Alltags erfahrbar – stellt aber auch die Frage, was Menschlichkeit in der Unterwerfung ausmacht, ob es ein richtiges Leben geben könne im falschen. In Russland wurde der im Westen gefeierte Film zunächst zwar gefördert, dann aber als Nestbeschmutzung kritisiert. Aus psychoanalytischer Sicht werden wir ihn aber weniger danach befragen, wie er das Leben in Russland beschreibt, als danach, welche Untiefen in uns selbst dieser Leviathan berührt.


Sonntag, 12. Januar 2025, 18.00 Uhr
One Flew over the Cuckoo´s Nest
| USA 1975 | R: Miloš Forman | D: Lawrence Hauben, Bo Goldman | K: Haskell Waxler, Bill Butler | M: Jack Nitzsche | Mit: Jack Nicholson, Louise Fletcher, Will Sampson, Brad Dourif | 135 min | OmU|
Einführung und Moderation: Irmgard Nagel und Matthias Baumgart

Um dem Arbeitsdienst im Zuchthaus zu entgehen, betreibt McMurphy (Jack Nicholson), wegen Schlägereien und Sex mit Minderjährigen verurteilt, simulierend seine Überstellung in die Psychiatrie. Da dies jedoch einer unbefristeten Zwangseinweisung gleichkommt, ist er damit dem strengen Regiment der Oberschwester Mildred Ratched (Louise Fletcher) vollkommen ausgeliefert, mit der er schnell aneinandergerät. Andererseits entwickeln sich Freundschaften vor allem zum riesigen Indianer Chief Bromden (Will Sampson), aber auch zum jugendlichen Stotterer Billy (Brad Dourif). Es entsteht eine mitreißend anzuschauende, rebellische Atmosphäre auf der Station, mit fröhlichen ausflugsartige Ausbrüche und lustvolle sexuellen Eskapaden. Der Konflikt aber eskaliert so mehr und mehr: Am Schluss stehen eine Lobotomie, zwei Tote und eine Flucht in die selbstbestimmte Freiheit - für die der Film bis heute ein eindrucksvolles Plädoyer ist.


Sonntag, 23. Februar 2025, 18.00 Uhr
Skyfallt
| USA, Großbritannien 2012| R: Sam Mendes | D: Neal Purvis, Robert Wade | K: Roger Deakins |M: Thomas Newman, Adele | Mit: Daniel Craig, Judi Dench, Javier Bardem, Ralph Fiennes| 143 min | OmU
Einführung und Moderation: Eva Friedrich und Mathias Lohmer

In diesem ikonischen Bond-Film kommt 007 zu sich selbst – seiner traumatischen Vergangenheit im Herrensitz „Skyfall“, seinem Kampf mit Raoul Silva (faszinierend-abstoßend Javier Bardem) als düsterem Alter-Ego und seiner (Übertragungs-) Liebe zu seiner Ersatzmutter „M“ (Judi Dench in einer beeindruckenden Charakterrolle), die in seinen Armen sterben wird. Momente des Ausgeliefertseins erlebt er dabei vielfach: ein Schuss, angeordnet von „M“, der ambivalent erlebten Mutter, versetzt ihn in Nahtod-Erfahrungen; Silva spielt homoerotisch-sadistische Spiele mit ihm; die moderne Welt der Politik droht über ihn als Dinosaurier einer paranoiden Weltwahrnehmung hinwegzugehen. Bond (Daniel Craig in seiner besten Darstellung dieser Rolle) zeigt Kämpferqualitäten, Selbstironie und wahre Hartnäckigkeit und nimmt damit immer wieder „against all odds“ das Heft des Handelns in seine Hand – wir bangen mit ihm und sind mir ihm erleichtert, dass unser wahrhaft viriler Held trotz Blessuren und Verlusten dem Abgrund des ausgeliefert-seins entkommt!


Alle Filme werden im Filmmuseum München, St.Jakobs-Platz 1 gezeigt.

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